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Süddeutsche
Zeitung (16. September 2002)
Besuch in Holzkirchen: Die Landwirtschaftsministerin
spaziert über den Wochenmarkt
Werbung für die grüne Agrarpolitik
Renate Künast wünscht sich "satte Mehrheit"
für die Regierung / Sonnenblumen für die Zuhörer
Von Monika Ziegler
Holzkirchen - "Ist der September grün und
klar, wird's ein gutes neues Jahr." Mit dieser Bauernweisheit
im Hinblick auf die bevorstehende Wahl am 22. September hat
Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast ihre Ansprache
abgeschlossen, die sie am Samstagmorgen auf dem Marktplatz
gehalten hat. Die Zuschauer spendeten reichlich Beifall. Kritik
an der Ministerin, wie sie Vertreter des Bauernverbands im
Vorfeld des Besuchs geübt hatten, wurde bei dem Auftritt
nicht laut.
Die Grünen im Landkreis Miesbach hatten es mit einigem
Engagement geschafft, die Ministerin für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft in die Marktgemeinde zu
holen. Sie hatte im Hotel "Zur Post" übernachtet
und wurde dort von einigen Fans empfangen, darunter Mitgliedern
der Grünen Jugend Holzkirchen in T-Shirts mit der Aufschrift
"Kühe würden Künast wählen".
Auf dem Wochenmarkt besuchte die Ministerin dann Direktvermarkter,
informierte sich über deren Probleme und versprach, diese
im Auge zu behalten.
In ihrer Rede warb die Ministerin für den Fortbestand
der rot-grünen Koalition. Bei der Bundestagswahl am 22.
September gehe es ihr um eine "satte Mehrheit" für
die Regierung. Die Bürger hätten die Wahl zwischen
der Modernisierung Deutschlands oder einer "Rolle rückwärts
in die Traumfabrik der Lobbyisten". Die Holzkirchner
rief Künast auf, mit beiden Stimmen die Grünen oder
aber SPD und Grüne zu wählen.
"Acht Punkte für acht Prozent", so formulierte
sie das Programm ihrer Partei. Diese habe in den vergangenen
vier Jahren viel erreicht, plane aber auch noch viel. Als
Stichworte nannte Künast etwa den Atomausstieg, die Reformierung
der sozialen Sicherheit, die Agrarwende bis hin zur bäuerlichen
Landwirtschaft mit Direktvermarktung in Genossenschaften sowie
das Verbraucher-Informationsgesetz.
Für die Grünen im Landkreis hieß Kreisrat
Wolfgang Rzehak die Ministerin willkommen. Sie habe bewiesen,
dass sie es gut mit extensiv wirtschaftenden Familienbetrieben
meine, sagte er. Für die Marktgemeinde sprach der Zweite
Bürgermeister Bernd Weinmann. Er hoffe, dass die Landwirte
mit der Ministerin über ihre Probleme reden könnten,
sagte er.
Dass Künast trotz aller Widerstände der Agrarindustrie
und des Bauernverbands für eine erfolgreiche grüne
Politik stehe, betonte die Landtagsabgeordnete Susanna Tausendfreund
aus Pullach. Der Rottacher Bundestagskandidat Claudius Rafflenbeul-Schaub
sagte, weltweit gehöre der von Künast vertretenen
nachhaltigen Landwirtschaft die Zukunft.
Für die Besucher der Veranstaltung gab es 100[0] Sonnenblumen.
Die Ministerin konnte Honig und Schnaps heimischer Erzeuge
mitnehmen, den ihr der Kreisvorsitzende der Grünen, Gerhard
Klotzsche, überreichte.
Vorwürfe des Bauernverbands als
wenig sachlich zurückgewiesen
Holzkirchen - Man habe sie damit geködert,
dass die Ökobauern einen Anteil von 20 Prozent in der
Region hätten, sagte Landwirtschaftsministerin Renate
Künast auf die Frage, warum sie im Endspurt des Wahlkampfes
ausgerechnet nach Holzkirchen gekommen sei. Den Bauern empfahl
sie, sich bei einer Entscheidung über konventionelle
oder ökologische Landwirtschaft von Politik freizumachen
und betriebswirtschaftlich durchzurechnen, welches Konzept
für sie besser sei: "Wer eigentlich schon den Ökostandard
hat, soll diesen Weg gehen", meinte die Ministerin.
Zur massiven Kritik von Vertretern des Bauernverbands im
Landkreis sagte Künast, sie empfinde die Vorwürfe
nicht als sehr sachlich. Sie sei seit eineinhalb Jahren im
Amt, das die drei Bereiche Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft beinhalte, und müsse sich über
all dies unterhalten: "Ich gehe durch alle Verbände",
sicherte sie zu, sie wolle mit allen Verantwortlichen reden.
Der Bauernverband hatte bei einer Pressekonferenz im Vorfeld
des Besuchs unter anderem den Stil der Ministerin, die Verlässlichkeit
der Agrarpolitik, ihre "Untätigkeit" bei Wettbewerbsverzerrungen,
das Subventionswesen und die zunehmende Bürokratisierung
kritisiert. Zudem habe die Ministerin kein Interesse an einer
sachlichen Diskussion. Auf Proteste bei der Veranstaltung
am Samstag hatte der Verband aber verzichtet.
Eine Bitte in einer ganz anderen Sache richtete am Samstagvormittag
der Vorsitzende der Bürgerinitiative Bürger-Freies-Oberland,
Georg Paul, an die Ministerin. Sie möge den Dank der
Bürger an ihren grünen Parteifreund und Außenminister
Joschka Fischer übermitteln, sagte er. Dieser hatte jetzt
beim Besuch einer Landkreis-Delegation im Auswärtigen
Amt über seinen Staatsminister Ludger Volmer signalisieren
lassen, dass der IBB-Sender in Oberlaindern spätestens
im Jahr 2005 nach Ablauf des Pachtvertrages zwischen den USA
und der Bundesrepublik geschlossen werde. "Es ist die
erste klare Aussage einer Regierung", lobte Paul.
ziem
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