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Tegernseer Zeitung (21. April 1999)
Nachwuchs fordert: Grüne sollen wieder radikaler werden
Kreisverbands-Mitglieder sprachen in Tegernsee mit
Jugendlichen
Tegernsee (tk) Landkreis-Grüne trafen sich jetzt im
Tegernseer Gasthof Guggemos mit politisch engagierten Jugendlichen
zum Meinungs-Austausch. Roland Klebe fragte die anwesenden
Tal-Jugendlichen: "Was meint ihr, wie sollte das künftige
Profil der Partei aussehen?" Die Antwort erstaunte die
Partei-Mitglieder, denn durch die Bank waren die Heranwachsenden
der Ansicht, daß die Grünen nicht radikal genug
sein. Ein konkretes Anliegen der Buben und Mädchen kam
ebenfalls zur Sprache: der Wunsch nach einer Jugendfreizeitstätte.
Die Grünen begrüßen diese Initiative. Politischen
Einfluß können sie jedoch nicht ausüben, da
es im Tal weder grüne Gemeinderäte noch einen Ortsverband
gibt. Die Jugendlichen selbst versuchen derzeit, ein Treffen
mit den Tal-Jugendreferenten zu organisieren, um über
den mobilen Sozialpädagoge und die Raumfrage zu debattieren.
Partei-Mitglied Claudius Rafflenbeul-Schaub referierte zum
Thema: "Die Sicht der Jugend auf die Partei der Grünen."
Der 22jährige machte darauf aufmerksam, daß es
mittlerweile die Elterngeneration sei, die vor 20 Jahren die
Partei gegründet habe. "Damals war die Partei klar
unterteilt in Fundis und Realos, die Fragen der Gesellschaft
wurden im Schwarz-Weiß-Muster beantwortet", nahm
er Bezug auf die Meinung der Jugendlichen. "Jetzt sind
wir an der Regierung beteiligt und es wird Zeit für neue
Strukturen und Antworten", so sein Credo.
Konkreter führte er aus: "Es ist doch wohl überholt,
sich als Grüner dafür zu schämen, daß
man Auto fährt." Und weiter: "Die Partei sollte
den Jugendlichen spezielle Anreize bieten, damit diese sich
parteipolitisch engagieren." Der Mitinitiator des vor
einem Jahr erschaffenen Jugendverbands der Grünen in
Bayern konstatierte, daß den Grünen Jungwähler
abwandern. Recht drastisch stelle sich auch die Identitäts-Krise
der Grünen dar. "Sind wir noch immer eine Protestpartei
mit radikalen Positionen, oder aber gehen wir vermehrt auf
Kompromisse zu, um Ziele besser zu erreichen?"
"Diese Identitätskrise ist nicht neu, früher
war es das Gegensatzpaar 'Fundis-Realos' - jetzt taucht dieser
Konflikt in neuem Mantel wieder auf", warf die Grünen-Sprecherin
des Kreisverbandes, Elisabeth Janner, ein. "Wenn wir
unseren alten Idealen treu bleiben wollen, dann kann das zu
Forderungen führen wie 'fünf Mark für einen
Liter Benzin'", merkte Kreisrat Roland Klebe an. Derartige
Forderungen würden jedoch abschreckend wirken. "Ähnlich
spielt es sich bei der Problematik des Doppel-Passes ab",
so Klebe weiter. Grüne hätten hier mehr Aufklärungsarbeit
darüber leisten müssen, daß das eigentliche
Ziel die Änderung des veralteten Staatsbürgerschafts-Rechts
gewesen sei und nicht die Erlangung von zwei Pässen.
Resümierend plädierte Referent Rafflenbeul-Schaub
für einen moderaten Ton in der Partei, denn "mit
radikalen Parolen werden wir kaum etwas erreichen".
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