Brennessel 3/2002
Für eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft
von Claudius Rafflenbeul-Schaub
In den letzten vier Jahren waren Bündnis 90/Die Grünen
in der Bundesregierung Reformmotor und ordnungspolitisches
Korrektiv für eine nachhaltige Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Wir haben in dieser Legislaturperiode einige umfassende Reformvorhaben
umgesetzt, welche noch 1998 von den beiden großen Volksparteien
abgelehnt wurden: Die Rente sei sicher, wollten uns Union
und SPD damals vorgaukeln – und Deutschland sei kein Einwanderungsland
(selbst nach gewonnener Bundestagswahl, während der Koalitionsverhandlungen,
war für Schily und die SPD ein Einwanderungsgesetz noch
tabu).
Viel erreicht
Inzwischen sieht Deutschland anders aus. Der Reformstau der
Ära Kohl ist in vielen Punkten aufgelöst. Die kapitalgedeckte
Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung hat die
Rente sicherer gemacht und für mehr Generationengerechtigkeit
gesorgt. Nach dem Abgang von Lafontaine haben wir eine große
Einkommenssteuerreform beschlossen, welche besonders kleinere
und mittlere Einkommen deutlich entlastet. Mit der maßvollen
Haushaltskonsolidierung haben wir den Weg aus der Schuldenfalle
angetreten – im Jahr 2006 soll der Staatshaushalt ausgeglichen
sein, dann kann endlich mit dem Abbau der expliziten Staatsverschuldung
begonnen werden. Die ökologische Steuerreform und die
Förderung der erneuerbaren Energie haben über 130.000
neue Arbeitsplätze in zukunftsfähigen Branchen geschaffen.
...und noch viel mehr vor
Aber die Erneuerung Deutschlands hat damit erst begonnen.
In der kommenden Legislaturperiode stehen folgende Reformprojekte
für uns Grüne ganz oben auf der Agenda:
1. Neue Jobs durch ein nachhaltiges, qualitatives Wirtschaftswachstum
und die Flexibilisierung des deutschen Arbeitsmarktes.
2. Die Reform der sozialen Sicherungssysteme – Zusammenfassung
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und eine Gesundheitsreform,
die diesen Namen auch wirklich verdient.
3. Eine ökologische Finanzreform, d.h. die Weiterentwicklung
der Ökosteuer und ein umfassender Abbau von ökologisch
und wirtschaftlich unsinnigen Subventionen.
Nur wenn die Grünen gestärkt aus der Bundestagswahl
hervorgehen, werden wir die ökologisch-soziale Modernisierung
fortsetzen und unsere Reformpolitik gegen die strukturkonservativen
Kräfte in unserem Land durchsetzen können!
Interview
Weshalb machst Du bei den Grünen Politik?
Bündnis 90/Die Grünen sind für mich die einzige
Partei, die wirklich langfristig denkt, sei es in der Umweltpolitik,
in der Finanzpolitik oder bei der Rentenreform. Die Grünen
trauen sich, auch unpopuläre Wahrheiten zu sagen. Durch
das grüne Leitbild der Nachhaltigkeit werden wirtschaftliche,
ökologische und soziale Ziele gleichrangig miteinander
verbunden.
Warum kandidierst Du für den Bundestag?
Wir jungen Grünen haben die Programmatik der grüne
Partei in den letzten vier Jahren maßgeblich beeinflusst
(Beispiel: Die grüne Kinder- und Familienpolitik). Es
gilt, von dem Image der "Eingenerationenpartei"
(der Alt-68er) wegzukommen.
Welche Themen sind für Dich im Wahlkampf besonders
wichtig?
Die drei Schwerpunktthemen meines Wahlkampfes sind die ökologische
Modernisierung (Ökologische Finanzreform, Subventionsabbau),
die Wirtschafts- und Sozialpolitik (Flexibilisierung des Arbeitsmarktes,
Gesundheitsreform) und der Verbraucherschutz.
Angenommen, Du würdest es am 22. September tatsächlich
in den Bundestag schaffen – was würdest Du zuerst umsetzen
wollen?
Die Reformvorschläge für den deutschen Arbeitsmarkt
endlich umsetzen. D.h. konkret die Zusammenlegung von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe, die Einführung einer negativen Einkommenssteuer
nach dem Vorbild der USA und die Senkung der Lohnnebenkosten
unter 40%.
Wer ist Dein politisches Vorbild? Warum?
Mein politisches Vorbild in der deutschen Nachkriegsgeschichte
ist Willy Brandt. Wie kein anderer hat er es geschafft politische
Visionen und realpolitische Regierungspolitik zusammenzubringen
(Beispiel: Ostpolitik).
Die größte Leistung der rot-grünen
Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode war...
die ökologische Modernisierung Deutschlands durch die
Förderung erneuerbarer Energien, die ökologische
Steuerreform und die ökologische Landwirtschaft.
Edmund Stoiber darf nicht Bundeskanzler werden, weil...
die CSU und eine FDP à la Möllemann den ökologischen
und gesellschaftspolitischen Rückschritt einleiten würden.
Grün wirkt...
Ökologisch und zukunftsfähig.
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