Brennessel 3/2001
Ökologie = Ökonomie
von Claudius Rafflenbeul-Schaub, Landesvorstand Grüne
Jugend Bayern
Seit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Bundesumweltministerium
übernommen haben, hat die Umweltpolitik in Deutschland
eine kleine Renaissance erlebt: Mit der Öko-Steuer wurde
der Einstieg in eine ökonomisch effiziente Besteuerung
fossiler Primärenergieträger eingeleitet und die
Lohnnebenkosten gesenkt, regenerativen Energien wurde mit
einer gezielten Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) zum Durchbruch verholfen, die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes
hat eine neue Perspektive für den Natur- und Landschaftsschutz
geschaffen und mit der Einrichtung des Rates für Nachhaltige
Entwicklung (RNE) wurde das grüne Leitbild einer nachhaltigen
Gesellschaft institutionell in der Bundesrepublik verankert.
Damit hat sich grüne Umweltpolitik in Regierungsverantwortung
aber noch lange nicht erschöpft.
Wandel der Umweltproblematik
Die Umweltpolitik hat sich - im Vergleich zu den 70er und
80er Jahren - auf ein deutlich gewandeltes politisches Umfeld
einzustellen gehabt. Auch wenn man beim Formulieren von abstrakten
umweltpolitischen Zielen meist mit Sympathien in der Bevölkerung
und in den Medien rechnen kann, läßt sich mit dem
früheren moralischen Rigorismus und dem Heraufbeschwören
von Umweltkatastrophen heute kein Blumentopf mehr gewinnen.
Wasser und Luft sind sauberer geworden, die Abfallberge sind
geschrumpft und Umweltmanagement-Systeme gehören inzwischen
in jedem modernen Betrieb zum Standard. Diese Erfolge - an
denen auch die grüne Bewegung einen erheblichen Anteil
hatte - haben dazu beigetragen, dass die öffentliche
Aufmerksamkeit für Umweltprobleme deutlich abgenommen
hat. Dabei stellt die Verschlechterung der Umweltsituation
aus der globalen Perspektive (aktuelles Stichwort: Klimaschutz)
die Umweltpolitik vor große, neue Herausforderungen.
Umweltpolitik ist Nachhaltigkeitspolitik
Umweltpolitik im 21. Jahrhundert ist Nachhaltigkeitspolitik.
Sie kann nur erfolgreich sein, wenn sie ökologische,
ökonomische und soziale Ziele gleichrangig verbindet.
Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang eine langfristige
marktwirtschaftliche Rahmensetzung mit dem Ziel der Steigerung
der Ressourceneffizienz bei gleichzeitiger Senkung von ökologischen
und ökonomischen Kosten durch Innovationen, neue Technologien
und Dienstleistungen. Um dieses Ziel effizient zu erreichen
kommt es auf das richtige Zusammenwirken von ordnungsrechtlicher
Regulierung (Grenzwerte und Verbote), marktwirtschaftlichen
Instrumenten (Ökosteuern und Emissionshandel) und freiwilliger
Kooperation (Selbstverpflichtungen) an.
Verursacherprinzip stärken
Moderne Umweltpolitik ist eine gesellschaftspolitische Querschnittsaufgabe,
die wirtschaftliche Entwicklung und Lebensqualität aller
Menschen beeinflußt. Auch die Wirtschafts-, Finanz-,
Agrar- und Verkehrspolitik müssen sich am Leitbild der
Nachhaltigkeit orientieren. Dafür muss in allen Bereichen
das Verursacherprinzip bei der Finanzierung von externen Kosten
durch Umweltschäden gestärkt werden, um das Abwälzen
dieser Kosten auf die Allgemeinheit zu verhindern. Die damit
einhergehenden Veränderungen werden nicht konfliktfrei
umzusetzen sein. Es wird - auch bei einer gemeinwohlorientierten
Politik - immer Gewinner und Verlierer und damit Interessenkonflikte
zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen geben. Um
politische Mehrheiten für die notwendigen Reformen zu
gewinnen, muss ein breites gesellschaftliches Bündnis
aus reformfreudigen Unternehmen, fortschrittlichen Gewerkschaften,
Umwelt- und Verbraucherverbänden, entwicklungspolitischen
Gruppen und Parteien gebildet werden.
Globalisierung ökologisch gestalten
Die globale Perspektive der "einen Welt" war für
grüne Politik immer von zentraler Bedeutung. Anknüpfend
daran muss eine wirksame Umweltaußenpolitik Kernpunkt
einer zukünftigen Weltinnenpolitik werden. Sie ist eine
zentrale Voraussetzung für Friedenssicherung, Armutsbekämpfung
und die Wahrung der Menschenrechte in einer globalisierten
Welt. Angesichts des wachsenden Energiebedarfs und der gleichzeitig
wachsenden Mobilität in den industriellen Schwellenländern
ist es eine ökologische Notwendigkeit diese Entwicklung
umweltverträglich zu gestalten. Hier sind die reichen
Industriestaaten in der Pflicht. Der Transfer von moderner,
umweltschonender Technologie und ökologischem Know how
muss im Zentrum einer langfristig orientierten, nachhaltigen
Wirtschafts- und Entwicklungspolitik stehen. Die Gründung
einer Internationalen Umweltorganisation (nach dem Vorbild
von ILO und WTO) wäre ein erster Schritt in die richtige
Richtung.
weitere grüne Reformvorhaben
Bis zur nächsten Bundestagswahl 2002 und darüber
hinaus setzt sich die Umweltpartei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
für weitere ökologische Reformen ein:
- Die Ökologisierung der Landwirtschaft ist gleichermaßen
Chance für Verbraucher und Landwirte. Umwelt- und tiergerecht
erzeugte Produkte sind von wachsender Bedeutung für
den Markt und entwickeln steigende Einkommens- und
Beschäftigungspotentiale im Agrarbereich.
- Der Abbau ökologisch und ökonomisch kontraproduktiver
Subventionen und die damit einhergehende Beseitigung von
Wettbewerbsverzerrungen, z.B. in den Bereichen der Landwirtschaft,
des Energiesektors (Kohle, Atomkraft) und des Luftverkehrs,
würde die Haushaltskonsolidierung erleichtern und die
gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt steigern.
- Durch die Zusammenfassung von umweltrelevanten Gesetzen
in ein Umweltgesetzbuch könnte gleichzeitig ein wichtiger
Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung, Verfahrensbeschleunigung
und mehr Bürgerbeteiligung geleistet werden.
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