Basisbrief 3/1998
Immigration - die Chance für bayerische Grüne!
von Claudius Rafflenbeul, Adil Oyan, Michael Münter,
Christian Boeser und Thomas Schörner
Kurz vor der Wahl packt die CSU wieder einmal das Paket
"Ausländerfeindlichkeit" aus: Da werden Leistungskürzungen
für Asylbewerber beschlossen, Eltern straffälliger
nicht-deutscher Jugendlicher wird ohne jegliche rechtliche
Grundlage die Ausweisung angedroht, Ausländer werden
kriminalisiert. Die Masche soll der CSU Stimmenanteile im
bräunlichen Wählerspektrum sichern und dieses -
so die CSU - an eine demokratische Partei binden.
Doch das hehre Ziel, Stimmen für das demokratische
Lager zu binden, hat zwei Seiten: Eine Volkspartei wie die
CSU hat bedeutende Meinungsbildungskraft - wenn Stoiber
ausländerfeindliche Parolen predigt, dann schafft das vielleicht erst die
Stimmungen, die er doch eigentlich einbinden wollte. Dadurch entsteht
ein zunehmend ausländerfeindliches Klima in dieser Gesellschaft,
das sich bis zur realen Gefährdung von ImmigrantInnen
verdichten kann.
Deutschland ist ein Einwanderungsland - wer das leugnet,
gibt wichtige Gestaltungsmöglichkeiten für diese
nicht immer konfliktfreie Situation aus der Hand und trägt
zur Verschärfung von Problemen bei (Ghettoisierung, Ausschluß
von gesellschaftlicher Teilhabe & darauf folgende Abkapselung).
Außerdem entzieht er sich der Verantwortung, über
die Ursachen von Migration nachzudenken: soziale Spannungen,
Kriege, Nord-Süd-Gefälle, verschärfte ökologische
Probleme - Entscheidungen, deren Ursachen oft bei uns zu finden
sind. Bündnis 90/Die Grünen stellen sich der Situation
und wollen sie gestalten - zentrale grüne Forderungen
sind die nach einem Einwanderungsgesetz, nach einem veränderten
Staatsangehörigkeitsrecht und nach einer doppelten
Staatsbürgerschaft.
Der miesen Stimmungsmache der CSU müssen sich Bündnis
90/Die Grünen mit aller Kraft entgegenstellen. Daß
wir das können, dafür stehen nicht zuletzt einige
junge nicht-deutschstämmige Kandidaten auf aussichtsreichen
Plätzen unserer Listen für Land- und Bundestagswahl
(Ekin Deligöz, Marc Tuna). Diese Kandidaten sind aber
auf unsere Unterstützung angewiesen - so muß sich
Marc Tuna zum Beispiel in seinem Wahlkreis mit Peter Gauweiler
(CSU) auseinandersetzen.
In den letzten Wochen des Wahlkampfes muß noch einmal
frischer Schwung aus dieser Richtung durch die Partei wehen.
Wir schlagen daher konkret vor, in der heißesten Phase
des Wahlkampfes verstärkt die Kandidatin für den
Bundestag auf Listenplatz 5, Ekin Deligöz, zu pushen.
Dies soll vor allem in Form von Kopfplakaten erfolgen, die
in allen bayerischen Großstädten in konzertierten
Aktionen für die Dauer von ca. einer Woche geklebt werden,
wenn möglich in Zusammenhang mit Wahlveranstaltungen
von Ekin. Plakate und Kontakte zu Ekin gibt es über die
Landesgeschäftsstelle.
Ekin kann aufgrund ihrer Biographie und ihrer Persönlichkeit
zu einem Glücksfall für die bayerischen Grünen
werden: Sie ist türkischstämmig und spricht als
junge Frau weitere Klientele als "nur" die ImmigratInnen
an; sie stellt einen sympathischen Kontrast zur dumpfen CSU-Rhetorik
dar. Des weiteren wird ihr Name am 27. September auf jedem
bayerischen Wahlzettel stehen (bis Listenplatz 5 sind alle
Kandidaten namentlich aufgeführt) - der hohe Wiedererkennungswert
von Ekin kann vielleicht mehr Wähler dazu bewegen, ihr
Kreuz bei der 'richtigen' Liste zu machen. Somit bietet sie
den bayerischen Grünen die dringend notwendige Chance,
sich nach den vergangenen stürmischen und von Selbstzerfleischung
geprägten Monaten zu profilieren und mit positiven Schagzeilen
in die Öffentlichkeit zu gelangen. Wichtig erscheint
uns auch, daß - anders als bei der Landtagswahl, bei
der einzelne Kandidaten angekreuzt werden können - Ekin
keinen persönlichen Vorteil aus dieser Aktion hat, da
eben bei der Bundestagswahl nur Listen gewählt werden
können.
Mehr politische Teilhabe von nicht-deutschstämmigen
Menschen in Deutschland - dieses Ziel müssen wir um der
Gerechtigkeit und auch des inneren Friedens willen gegen die
dumpfe Panikmache der CSU stellen. Es liegt an uns, hier ein
Zeichen zu setzen.
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